… eine Denk-Werkstatt im Geiste der Aufklärung

Freigeist ist ein schönes Wort mit anrüchiger Vergangenheit. Die letzte Silbe dürfte niemanden gruseln. Wenn wir von „Geist“ sprechen, fassen wir in dem Begriff Verstand und Seele, Erkenntnis(-fähigkeit) und Gefühl zusammen. Der Ausdruck verknüpft eine Unmenge von Assoziationen und Perspektiven – man denke nur an die Vielfalt der Geistes-Wissenschaften. Mit „Geist“ kann jeder etwas anfangen – jeder etwas anderes.

Noch populärer ist heute die erste Silbe und doch lag einmal genau hier der Stein des Anstoßes. Als das Hinterfragen im 18. Jahrhundert in Mode kam, wurde „frei“ zynisch als Trotz gegen die geltende Weltanschauung verstanden. Denker mit unbequemen oder unvorsichtig formulierten, neuen Ideen fasste man mit spitzen Fingern an und stopfte sie in eine große Schublade, die mit „Freigeister“ etikettiert war.
Wer mit provokanten Veröffentlichungen aneckte, musste im 18. Jahrhundert nicht mehr um Leib und Leben fürchten. So war in der Aufklärung endlich eine Kontroverse möglich. Auf der einen Seite: die Konservativen, die sich dem Erhalt der bekannten Lehrmeinungen verschrieben hatten; auf der anderen Seite: die Neugierigen, die sich auch mit unkonventionellen Ideen anfreundeten.

Dem konservativen Lager gehörten viele Theologen an, denn sie bestimmten seit je her, wie die Heilige Schrift, auszulegen und anzuwenden war. Von der Kanzel herab legten sie fest, was als gottgefällig und wohlanständig zu gelten hatte. Neue Perspektiven auf das Verhältnis von Religion und Welt stellten ihre Autorität in Frage und damit eine Weltordnung, die über Jahrhunderte gewachsen war und sämtliche Erschütterungen überstanden hatte.
Viele der sog. Freidenker rückten den Menschen in den Fokus und einige verabschiedeten sich ganz von der Idee eines Schöpfergottes. Sie nahmen sich diese Freiheit und manche von ihnen nahmen sich wohl zu viel heraus. Der ein oder andere provozierte um der Provokation willen, oder beleidigte, was anderen heilig war – ein Thema, das gerade wieder aktuell ist.

Auch wenn die Epoche der Aufklärung schon 300 Jahre zurückliegt – ihre Ideen sind der Herzschlag unserer Zeit. Es lohnt sich immer wieder, sich daran zu erinnern! Damals kam das Denken in Bewegung und es muss beweglich bleiben! Die Freiheit, die wir hierzulande heute genießen, unsere Meinung zu sagen und unsere Weltanschauung zu leben, wurde damals erst errungen – in einer neuen Arena: in den Medien.

Es gab weitaus weniger Kanäle als heute: entweder auf Papier oder auf der Bühne. Meistens spielte sich der Konflikt zwischen Theologen und Freigeistern auf dem Papier ab, in Essays, Briefen und Abhandlungen. Doch ein junger Dramatiker, mit dem Ehrgeiz der deutsche Molière zu werden, wagt sich mit einer Komödie an den brandaktuellen Stoff. Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) schwingt die Feder und stellt auf schelmisch geniale Art die Ordnung in den Irrungen und Wirrungen um die „richtige“ Weltanschauung wieder her. Ein spannendes Wortgefecht um Vorurteile, Geistes- und Herzensangelegenheiten. Lesen Sie mehr über dieses vergessene Stück demnächst in der Freigeisterei!

Hier – in der Freigeisterei – werkle ich an freier, ungebundener Geistes-Arbeit. Diese Abteilung der Texterei Schramm ist eine Denk-Werkstatt. Das thinking in progress mischt sich in aktuelle Diskurse ein und enthält hin und wieder Impulse für neue Ideen. In der Freigeisterei steht allerlei Kurioses im Rampenlicht, das mir beim täglichen Schreiben und Forschen begegnet. Sprache, Kommunikation und Medien, Mensch, Kunst und Komik, Literarisches und Philosophisches werden aus unkonventionellen Blickwinkeln betrachtet und unterhaltsam unter die Lupe genommen.

Lesen Sie weiter und diskutieren sie mit! Ich freue mich auf Ihre Kommentare und unseren Austausch ganz im Sinne der Aufklärung: fragen, denken, Wissen schaffen!